René Clemencic (1928-2022):

Kabbala

Allgemeine Angaben zum Oratorium

Untertitel: Die vertauschten Schlüssel zu den 600.000 Gemächern des Schlosses
Widmung: Carlo de Incontrera
Entstehungszeit: 1992
Uraufführung: 29. Juli 1992 in Cividale del Friuli (Italien)
Ausführung: Clemencic Consort unter René Clemencic
Besetzung: Soli (2CT 2T B), Zink oder Trompete, 3 Posaunen und 2 Schlagzeuge
Spieldauer: ca. 70 Minuten

Zum Oratorium

Art: Oratorium in hebräischer Sprache
Sprache: hebräisch

Beschreibung

René Clemencic gibt zum Verständnis seines Oratoriums sinngemäß folgende Einleitung: Das hebräische Wort Kabbala bedeute in der Übersetzung „Überlieferung“. Sie sei das Fundament der jüdischen Mystik. In ihrer tiefen Tiefe gehe sie über alles spezifisch Jüdische im herkömmlichen Sinne hinaus und spreche vom Menschen und seinem Weg in dieser Welt. Behandelt werden sein Ausgesetztsein, seine Gottesferne und die Entfernung von seinem eigenen wahren Selbst. Die Kabbala spricht von den Bedingungen seiner Entwicklung und von der Selbstverwirklichung, sowie von seiner Rückkehr ins himmlische Jerusalem. Die jüdische Weisheit und Überlieferung formuliert alles, was uns zutiefst betrifft. In seiner Schrift gibt Clemencic ausführliche theologische und philosophische Erläuterungen, die dem wertvolle Hilfe sind, der tiefer schürfen möchte.

Die Musik ist, bedingt durch die hebräisch Phonetik, sehr eigenwillig und wirkt durch den Einsatz von Countertenören und Schlagzeug erschreckend modern. Es befremdet zuweilen, besonders im sechsten Gesang, dass banale Effekte wie die Imitation von Hundegebell den Respekt vor geheiligten Texten infrage stellen. Es bestätigt die eigene Aussage des Komponisten, dass es ihm weniger um Ästhetik gehe, sondern die klangliche Wirkung im Vordergrund stehe. Andererseits muss man einem Komponisten der Gegenwart, von dem erwartet wird, dass er in der Musik neue Wege beschreitet, das Mittel der Provokation zubilligen und ihm auch dann Gefolgschaft leistet, wenn das Ungewohnte nicht auf Anhieb gefällt. Fairerweise ist festzustellen, dass die Monotonie der liturgischen Gesänge des Countertenors durch den Einsatz von Schlagzeug und Zink weitgehend neutralisiert wird. Die Begleitung der Singstimme ist abwechslungsreich und phantasievoll gestaltet. Besonders die Posaunen in den tiefen Lagen sind ein wirkungsvoller Kontrast zur Sopranlage der Tenöre. Das umfangreiche Schlagzeugarsenal kommt differenziert zum Einsatz.

Die Musiknummern 8-10 bringen Texte in Form von Gebeten und eignen sich zum Meditieren. Inhaltlich beziehen sie sich auf biblische Begebenheiten und die Verherrlichung göttlicher Attribute. Mehrmaliges Hören vertieft das Verständnis.

Struktur:

1. Prophetische Kabbala / Vokalpermutationen mit dem Tetragrammaton
2. Zimzum
3. Zehn Sefiroth / Zehn Gottesnamen
4. Die 22 heiligen Buchstaben
5. Meditation über den Anfang und den großen Gottesnamen
6. Bruch der Gefäße
7. Prophetische Kabbala / Die 72 Buchstabentriaden
8. Rückkehr nach vorne / Um Mitternacht / Weckruf
9. Krieg der Söhne des Lichtes und der Finsternis
10. Hallelujah / Rückkehr ins himmlische Jerusalem


Letzte Änderung am 21.6.2007
Beitrag von Engelbert Hellen